
17 – Demenz im SwissDRG-System
Die Demenz-Erkrankung treffen Sie im klinischen Alltag oft vor, oft auch mit einem Delir, das von der Demenz abzugrenzen ist, siehe Blog-Eintrag Delir.
Die Prävalenz einer Demenz in Spitälern liegen nach aktuellen Studien bei 12-20%[1]. In der Schweiz liegen wir im stationären Bereich bei 2.4%[2]. Dies lässt vermuten, dass die Diagnose Demenz weniger dokumentiert wird, als sie medizinisch vorliegt oder vermutet wird[3].
Kodiertechnisch kann die Demenz in drei Typen der Grunderkrankung eingeteilt werden (Alzheimer, vaskulär, sekundär), zudem kann die kognitive Funktionsstörung separat abgebildet werden.
Alzheimer-Demenz (AD)
Bisher gibt es keine ausreichend sensitiven und einfach einzusetzenden Biomarker, die eine definitive Diagnose zulassen. Derzeit stehen drei weithin verwendete kriterienbasierte Ansätze zur Diagnose der AD zur Verfügung: NINCD-ADRDA-Kriterien, ICD-10 und DSM-5-Kriterien.[4]
Die Alzheimer-Demenz wird in der med. Kodierung mit einem Hauptkode Alzheimer und einem zusätzlichen Sternkode für die Demenz abgebildet.
G30.-† Alzheimer-Krankheit
Unterschieden werden kann der frühe vs später Beginn (Beginn vor oder nach dem 65. Lebensjahr)
Die Demenz-Kodes sind auch danach aufgebaut:
F00.0* Demenz bei Alzheimer-Krankheit, mit frühem Beginn (Typ 2)
F00.1*Demenz bei Alzheimer-Krankheit, mit spätem Beginn (Typ 1)
F00.2* Demenz bei Alzheimer-Krankheit, atypische od. gemischte Form
F00.9* Demenz bei Alzheimer-Krankheit, nicht näher bezeichnet
Diese spezifischen Codes sind alle DRG-relevant.
Vaskuläre Demenz
Die vaskuläre Demenz ist das Ergebnis einer Infarzierung des Gehirns als Folge einer vaskulären Krankheit, einschliesslich der zerebrovaskulären Hypertonie. Die Infarkte sind meist klein, kumulieren aber in ihrer Wirkung. Diese spezifizierten Codes sind alle DRG-relevant:
F01.0 Vaskuläre Demenz mit akutem Beginn
F01.1 Multiinfarkt-Demenz
F01.2 Subkortikale vaskuläre Demenz
F01.3 Gemischte kortikale und subkortikale vaskuläre Demenz
F01.8 Sonstige vaskuläre Demenz
Demenz bei weiteren Krankheiten
Demenz, die von anderen Krankheiten als Alzheimer oder zerebrovaskulär entstanden oder assoziiert sind, können mit spezifischen DRG-relevanten Zusatzkodes abgebildet werden:
F02.0* Demenz bei Pick-Krankheit (G31.0†)
F02.1* Demenz bei Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (A81.0†)
F02.2* Demenz bei Chorea Huntington (G10†)
F02.3* Demenz bei primärem Parkinson-Syndrom (G20.-†)
inkl. Demenz bei Paralysis agitans, Parkinsonismus oder Parkinson-Krankheit
F02.4* Demenz bei HIV-Krankheit [Humane Immundefizienz-Viruskrankheit] (B22†)
F02.8* Demenz bei anderenorts klassifizierten Krankheitsbildern:
- Epilepsie (G40.-†)
- hepatolentikulärer Degeneration [M. Wilson] (E83.0†)
- Hyperkalziämie (E83.5-†)
- Hypothyreose, erworben (E01.-†, E03.-†)
- Intoxikationen (T36-T65†)
- Lewy-Körper-Krankheit (G31.82†)
- Multipler Sklerose (G35.-†)
- Neurosyphilis (A52.1†)
- Niazin-Mangel [Pellagra] (E52†)
- Panarteriitis nodosa (M30.0†)
- systemischem Lupus erythematodes (M32.-†)
- Trypanosomiasis (B56.-†, B57.-†)
- Urämie (N18.-†)
- Vitamin-B12-Mangel (E53.8†)
- zerebraler Lipidstoffwechselstörung (E75.-†)
Unspezifische Demenz
Kann eine Demenz nicht mit den oben genannten Kodes abgebildet werden, wird F03 Nicht näher bezeichnete Demenz verwendet. Dieser Kodes ist aktuell nicht DRG-relevant.
Kognitive Funktionseinschränkung
Diese kann unabhängig von der Grunderkrankung separat abgebildet werden. Diese Kodes sind DRG-relevant in der CCL-Matrix, aber auch direkt als Split-Kriterium in gewissen DRGs. Die Kognitive Funktionseinschränkung kann nur abgebildet werden, wenn ein aktueller erweiterter Barthel-Index, kognitiver FIM[5] oder MMS[6]-Test, der während des aktuellen Spitalaufenthaltes durchgeführt wurde, in der Dokumentation vorhanden ist.
U51.0- Keine oder leichte kognitive Funktionseinschränkung
U51.00 Erweiterter Barthel-Index: 70-90 Punkte
U51.01 Kognitiver FIM: 30-35 Punkte
U51.02 MMSE: 24-30 Punkte
U51.1- Mittlere kognitive Funktionseinschränkung
U51.10 Erweiterter Barthel-Index: 20-65 Punkte
U51.11 Kognitiver FIM: 11-29 Punkte
U51.12 MMSE: 17-23 Punkte
U51.2- Schwere kognitive Funktionseinschränkung
U51.20 Erweiterter Barthel-Index: 0-15 Punkte
U51.21 Kognitiver FIM: 5-10 Punkte
U51.22 MMSE: 0-16 Punkte
Seit 2024 dürfen MoCA-Test äquivalent zum MMSE-Range in der Kodierung verwendet werden:

Auszug Kodierhandbuch Regel SD2200n Schlüsselnummern für besondere Zwecke[7]
Anmerkung: In den Kodierrichtlinien finden sich weitere Hinweise zur Erfassung von kognitiven und motorischen Funktionseinschränkungen ausserhalb von Akutgeriatrie, Frührehabiliation und Palliativmedizin.
[1] Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 733-40; DOI: 10.3238/arztebl.2018.0733 (Link: Prävalenz von Demenz und kognitiver Beeinträchtigung in Krankenhäusern – Deutsches Ärzteblatt)
[2] Datensätze SGAIM 2023, bei rund 683‘000 Fällen finden sich Kodierungen von 10‘670 F03, 4‘084 F01* und 1‘720 F02* (Total Demenz-
[3] Verdachtsdiagnosen, die als solche behandelt werden, werden als normale bestätigte Diagnosen kodiert. D.h. bei Verdacht kann die Demenz als solches dokumentiert werden, auch vor vertiefter Diagnose durch die Neurologie oder Psychiatrie, mittels MRI, CT, Histologien, etc.
[4]Diagnostische Kriterien Alzheimer 2019 (Link: ne8034606_Dodel 91..105)
[5] FIM = Functional Independence Measure TM)
[6] MMSE = Mini-Mental-State-Examination, auch umgangsprachlich meist mit MMS abgekürzt, oder MMST (für MMS-Test)
[7] Medizinisches Kodierungshandbuch. Der offizielle Leitfaden der Kodierrichtlinien in der Schweiz - Version 2025 | Publikation Seite 211